Kürzlich fuhr ich nach Nebraska und Süd-Dakota in den USA – in eine Region, wohin sich in der Regel nur selten (selbst amerikanische) Touristen verlaufen. Dort, wo Farmen und Ranches sowie große, schier unvorstellbare Weiten, aber keine in Europa bekannten Nationalparks zu finden sind. Es ging also nicht in das Bilderbuch-Amerika der Ost- oder Westküste des Grand Canyons oder Las Vegas.
Meine Intention war, im sogenannten „Nichts“ das gewisse Etwas zu suchen. Denn meine Erfahrung ist, dass dort, wo nichts sein soll, doch immer etwas zu finden ist. Und, dass meine Reisen oft dann in meiner Erinnerung blieben, wenn ich erst im Laufe der Reise zufällig auf Sehenswürdigkeiten oder Begegnungen stieß.
Leute in Deutschland wie auch in den USA warnten mich, dass es (alleine) doch etwas einsam werden könne und fragten sich, warum ich meinen langersehnten Urlaub gerade dort verbringen möchte. Da gäbe es doch nichts zu sehen. Über Traveller-Webseiten sammelte ich Tipps: Ich fragte, wer mir denn sagen könne, was dort zwischen den Black Hills (Süd Dakota) und Denver (Colorado) in den Staaten Wyoming und Nebraska zu sehen sei. Die Antwort war immer dieselbe: Da gäbe es NICHTS! Keinem der Einheimischen fiel etwas ein. Stattdessen wurde mir geraten, doch lieber zum Yellowstone National Park zu fahren oder ins südliche Colorado und Utah zum Monument Valley, den Canyonlands oder zumindest in die Rocky Mountains.
Ich fragte unterschiedliche Leute, ob es denn in Wyoming und Nebraska wirklich nichts gäbe. Denn auch die Abdeckung von Mobilfunksignalen wurde auf Karten von der Telekommunikationsgesellschaft AT&T in Nebraska als sehr eingeschränkt dargestellt. Auch im Internet gibt es nur eingeschränkt Informationen über diese Gebiete. Darüber hinaus riet mir ein guter Freund, der zurzeit beruflich in der Nähe eingesetzt ist, ausdrücklich von dieser Reise ab, denn es sei sooo extrem langweilig dort!
Mein Gefühl sagte mir aber, dort soll es hingehen! Schon seit Jahren fasziniert mich die Vorstellung, durch das in diesen Staaten vorhandene, sogenannte Nichts zu fahren und zu schauen, was denn dort außer Rindern, Weizen oder Mais noch so sei.
Dieses Jahr tat ich es also schließlich. Ich mietete mir ein Auto, plante meine Route nur grob und ließ den Rest offen, um vor Ort ganz bewusst flexibel entscheiden zu können. In Denver langweilte ich mich schnell, denn ich finde es zwar immer wieder spannend, auch Städte in den USA zu besuchen, aber mich zog es in’s Nichts. So fuhr ich gleich am kommenden Tag los in die großen Weiten, wo einst Indianer und Büffel Zuhause waren („Great Plains“).
Meine Erfahrung dieser Reise ist fulminant: Ich hatte jeden Tag tolle Erlebnisse und tolle Begegnungen. Ich war im Rausch dieses weiten Landes, kam durch Kleinstädte, die interessanter waren als so manche gut klingenden Großstädte, die ich irgendwann in meinem Leben kennenlernte. Dazu kam, dass mich die Reise 150 Jahre zurück in die Geschichte Nordamerikas führte, als Siedler von der Ostküste nach Westen zogen, die Weißen mit den dort lebenden Einheimischen „Indianern“ in Konflikt gerieten, die Bahn oder der historische Pony Express die Menschen versorgten und Pelz-Handelsposten in militärische Forts umgewandelt wurden, um die Ost-West-Völkerwanderung der „Neu-Amerikaner“ zu beschützen (die Ureinwohner Nordamerikas sahen das natürlich ganz anders).
Mich faszinierte, dass selbst jetzt nach all den vielen Jahren noch auf den bekanntesten der Siedler-Routen (z.B. der Oregon-Route oder Mormonen-Route) tiefe Riefen in harten Felsen zu sehen waren, die von abertausenden Rädern der von Ochsen gezogenen Siedler-Wagen eingraviert wurden.
Ich übernachtete in einem Hotel von 1880 wie in einem Wild-West Film, mir zeigte ein Rancher sein Ranch, wobei sich herauskristallisierte, dass er eigentlich anerkannter Psychotherapeut sei, der mir seine riesige psychologische Privatbibliothek in seinem (recht unscheinbaren) Haus zeigte, kam irgendwann in den wunderschönen Black Hills National Park an, genoss den Custer State Park mit seinen ca. 1450 Büffeln, die dort frei herumlaufen (auch auf der Straße), besuchte die weltweit drittgrößte Höhle, besuchte die großartigen Badlands, traf dort in einer Bar Cowboys (die auch heute noch genauso aussehen, wie in der Marlb…-Werbung) und eine dort lebende Deutsche, die mir anbot, am nächsten beim Kälber-Branding dabei zu sein…Letztlich besichtigte ich sogar noch eine der (hunderte) Nuklearraketen mit Kontrollzentrum, die speziell dort in den Plains angesiedelt sind. Das war wiederum etwas vollkommen anderes, aber eben eine der vielen Dinge, die gerade dort zu finden sind.
Ich könnte noch viel mehr erzählen und zahlreiche Fotos zeigen….
Warum aber erzähle ich das?
Wir Menschen können manchmal so blind sein! Wir sehen die Schönheit um uns herum nicht oder wollen sie nicht wahrhaben. Wir lassen uns von der Allgemeinheit, von der Presse oder einer Masse von Menschen so leicht beeindrucken und glauben, die gängige Meinung sei die Realität! Anstatt, dass wir selbst einmal nachschauen, ob es wirklich so ist, wie die Leute behaupten. Anstatt den Mut zu haben, quer zu denken. Anstatt seinen eigenen Weg zu gehen. Mit fremden Menschen in Kontakt zu kommen, den Austausch zu suchen. Die Augen für die Schönheiten unserer Umgebung mit seinen Lebewesen und der Natur zu öffnen.
Übertrage diese Erfahrung auf dein Leben
Ich bin in das vermeintliche „Nichts“ gefahren und es hat sich wie so oft bestätigt: Auch wo nichts sein soll, ist immer etwas! Übertrage es auf dein Leben: Lass dich nicht von anderen entmutigen. Gehe deinen Weg! Folge deinen Gefühlen und deinem Instinkt. Hab keine Angst vor Einsamkeit oder Leere, denn wenn du genau hinschaust, gibt es dort ganz Wunderbares zu entdecken: Dein Inneres Licht leuchtet und wartet nur darauf, dass du auf die Reise gehst, um es zu sehen – um dich selbst noch besser kennenzulernen!
Viele haben Angst davor, in sich hineinzuschauen oder auch allein zu sein. Der Großteil, der es jedoch tut, erzählt, wie befreiend dieses Erlebnis, sich selbst zu entdecken sein kann! Viele Menschen meinen, dass ihr Leben schon gelaufen oder nicht mehr viel herauszuholen sei. Deine Reise kann jedoch heute erst so richtig anfangen! Folge der Reise ins Innere und du wirst auch ganz neue Erfahrungen und Möglichkeiten im Außen erfahren. Schaue genau hin: Wo vermeintlich nichts ist, ist immer etwas!
Mehr dazu? Hape Kerkeling beschreibt das Thema Selbstfindung und allein mit sich zu sein auf seine humorvolle Art und Weise in seinem bekannten Bestseller:
Text: © Nick Melekian, Blog-Foto: © Nick Melekian